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Mo, 11:00 Uhr
17.09.2018
DAS USUTU-VIRUS GIBT ANLASS ZUR SORGE

Sterben uns die Amseln weg?

Peter Roick imkert leidenschaftlich gern. Zur Jagd geht er auch. Vor allem aber liebt er den Gesang der Vögel. Den der Amseln besonders. Wenn im Frühjahr die Natur zu neuem Leben erwacht, lauscht er schon zu früher Stunde, was die Amselhähne zu bieten haben...


Nordhausen. Kürzlich fand er in seinem Garten eine tote Amsel. Da hat vielleicht wieder so ein Idiot mit dem Luftgewehr geschossen, war sein erster Gedanke. Roick entdeckte jedoch keine erkennbaren Verletzungen. Tage später kam ihn ein besorgniserregender Gedanke: Todesursache wird wohl nicht das Usutu-Virus gewesen sein, von dem er gehört und gelesen hatte.

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Berichte und Informationen geben schon Anlass, sich um die gefiederten Sänger zu sorgen. Das tödliche Virus sei schon in Teilen Hessen angekommen, bemerkte kürzlich Ornithologe Bernd Petri in der Sendung „Alle Wetter“, wo er oft zu Gast ist. Der Vogelkundler befürchtet weitere Amsel-Todesfunde.

Dass tropische Usutu-Virus, benannt nach einem Fluss im südlichen Afrika, woher es ursprünglich stammt, werde durch Stechmücken auf Vögel übertragen. Nicht alle Arten sind für das Virus empfänglich, Amseln aber vorzugsweise. Daher wird die Krankheit als „Amselsterben“ bezeichnet.

Durch das Virus verursachte Todesfälle treten jeweils während der Stechmückensaison von Mai bis Ende September auf. Infizierte Vögel wirken offensichtlich krank, apathisch, flüchten nicht mehr und sterben innerhalb weniger Tage. Peter Roick bedauert nachträglich, den Fund nicht dem Veterinäramt gemeldet zu haben.

Wo sind die Amseln nur geblieben? Das fragen sich nicht nur Kleingärtner und Ornithologen in diesen Tagen. Auch Ornithologe Herbert Buchholz aus Ilfeld, der mit dem Geschehen in der Natur eng verbunden ist. Das Amselsterben sei in Fachkreisen in aller Munde. Über Todesfälle, verursacht durch das Usutu-Virus, sei ihm aber nichts bekannt. Auch der Naturschutzbehörde im Landratsamt nicht, bestätigt Martin Taeger.

Dem Naturschutzbund Thüringen schon. Man wisse von zehn toten Amseln in den letzten zwei Wochen, teilte Daniel Werner auf nnz-Anfrage mit. Ob sie das Virus dahinraffte, sei ihm gegenwärtig noch nicht bekannt. Werner befürchtet aber eine weitaus höhere Dunkelziffer. Das befürchtet auch der bekannte Ornithologe und Buchautor Wilhelm Roth aus Heiligenstadt. Ein Bekannter habe drei verendete Amseln gefunden. In Unkenntnis der Dinge, habe er sie im Erdreich bestattet. So wisse man nicht, woran sie gestorben seien. Usutu-Virus-Todesfälle sind dem Veterinäramt Nordhausen noch nicht bekannt geworden, versicherte Fachbereichsleiterin A. Wilhelm auf Anfrage.

Die 2018 bisher gemeldeten Fälle übertreffen die Zahlen des Vorjahres deutlich. Das meldet der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Bisher seien ihm 11583 Verdachtsfälle mit 23775 betroffenen Vögeln bekannt geworden. 1800 Meldungen über tote Vögel allein in den letzten drei Wochen.

Es sei daher eindringlich geboten, kranke oder verendete Tiere zu melden und zur Untersuchung einzureichen, ermahnt der Naturschutzbund. Nur so erhalte man einen wissenschaftlichen Nachweis, ob die Vögel eines natürlichen Todes, durch Verletzungen oder durch das tödliche Virus verendet sind. Obwohl der Erreger für den Menschen als ungefährlich gilt, sollten tote Vögel mit Schutzhandschuhen oder einer umgestülpten Plastiktüte gegriffen werden.

Erstmalig trat das Vogelsterben in Deutschland 2011 auf. Betroffen waren zunächst wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals. Seit 2016 aber breitet sich der Erreger nach Norden aus. Seitdem stellen Ornithologen und Tropenmediziner fest, dass immer dann besonders viele Vögel, vorrangig Amseln, verenden, wenn das Virus erstmals in einer Region auftritt. Wie derzeit in Nürnberg, Bremen und Hamburg. Hitzesommer wie der gegenwärtige begünstigten die Ausbreitung.

Nach der Brut mausern sich die Amseln. Das schwächt die Vögel, weshalb, vermuten Experten, sie besonders anfällig seien. Die Krankheit kann in Regionen, wo sie stark auftritt, den Bestand dieser eindrucksvollen Sänger erheblich bis vollständig reduzieren. Mit dem Verschwinden der Mücken in der kälter werdenden Jahreszeit schwindet auch die Gefahr, dass Amseln sterben.
Kurt Frank
Autor: red

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