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Mehr Steuereinahmen im Bund, doch:

Thüringens Kommunen bleiben steuerschwach

Mittwoch, 09. August 2017, 07:00 Uhr
Die thüringischen Kreise und Gemeinden haben auch im Jahr 2016 einen Überschuss erreicht, allerdings fiel dieser deutlich geringer aus als im Jahr zuvor. In den vergangenen zehn Jahren haben die Kommunen nur 2010 rote Zahlen geschrieben. Dies zeigt der Kommunale Finanzreport 2017 der Bertelsmann Stiftung...


Bedingt durch die anhaltend gute Konjunktur sind die Einnahmen 2016 gestiegen, allerdings mit zwei Prozent deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt (sechs Prozent). „Der auslaufende Solidarpakt zehrt die Steuerzuwächse in Thüringen auf“, sagt René Geißler, Finanzexperte der Bertelsmann Stiftung und Mitautor des Kommunalen Finanzreports . Dies wird zunehmend problematisch, da insbesondere die Sozialausgaben in Thüringen stark wachsen.

Positiv ist festzustellen, dass die Investitionen der thüringischen Städte, Gemeinden und Kreise im vergangenen Jahr gestiegen sind. Thüringen liegt hierbei aber dennoch unter dem Bundesdurchschnitt. Pro Einwohner erreichen die Kommunen nur die Hälfte des bayerischen Niveaus. Die Sozialausgaben in Thüringen waren 2015 und 2016 sogar rund doppelt so hoch wie die Investitionen. „Die Unterschiede in der Infrastruktur und Standortqualität als Voraussetzung für Wirtschaftswachstum werden größer“, sagt Kirsten Witte, Kommunalexpertin der Bertelsmann Stiftung.

Die Steuereinnahmen der thüringischen Gemeinden sind im vergangenen Jahr, der bundesweiten Konjunktur folgend, gestiegen. Sie erreichen jedoch noch immer nicht einmal 60 Prozent des westdeutschen Niveaus. Die Gemeinden Thüringens sind flächendeckend steuer-schwach. Selbst Jena als wirtschaftsstärkste thüringische Kommune lag 2015 bundesweit nur auf Platz 70 der 103 kreisfreien Städte. „Die Steuereinnahmen Frankfurts (am Main) sind pro Einwohner fast drei Mal so hoch. Dass die Kommunen in Thüringen aufholen, ist nicht absehbar“, so Geißler. Von den zehn schwächsten Kommunen Deutschlands liegen vier in Thüringen. An dieser Position hat sich auch im Vergleich zu 2005 nichts Wesentliches geändert.

Kassenkredite nur ein punktuelles Problem

Die Kassenkredite, gewissermaßen der Dispo der Kommunen und wichtigster Krisenindikator der kommunalen Finanzlage , sind in Thüringen weiterhin im Schnitt gering (62 Euro je Einwohner). Lediglich in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sind sie noch niedriger. Zum Vergleich: im Nachbarland Sachsen-Anhalt liegen sie pro Einwohner fast zehn Mal so hoch (591 Euro je Einwohner). An der bundesweiten Spitze werden Werte von fast 8.000 Euro je Einwohner erreicht (Stadt Primasens, Rheinland-Pfalz). Von den 23 thüringischen Kreisen und kreisfreien Städten weisen lediglich vier 2015 auffällige Beträge auf: die kreisfreie Stadt Gera (466 Euro je Einwohner), der Unstrut-Hainich-Kreis (331 Euro je Einwohner), der Landkreis Nordhausen (316 Euro je Einwohner) sowie die kreisfreie Stadt Weimar (261 Euro je Einwohner).

Gleichwohl sind die Perspektiven der thüringischen Kommunen verhalten. Innerhalb Thüringens nehmen die Unterschiede zu, primär zwischen den Großstädten und dem ländlichen Raum. Dies verschärft die Konflikte zwischen den Kommunen als auch mit dem Land. „Thüringen und seine Kommunen müssen ihre Anstrengungen beibehalten, um die kommunalen Haushalte zu stabilisieren“, so Geißler. Da der Solidarpakt 2020 ausläuft und die Steuereinnahmen nach wie vor schwach sind, drohen vielen Kommunen eklatante Haushaltsprobleme.

Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung erscheint alle zwei Jahre. Er basiert auf den jeweils aktuellsten amtlichen Finanzstatistiken und untersucht die Finanzentwicklung aller 398 kreisfreien Städte und Landkreise (einschließlich ihrer kreisangehörigen Gemeinden und Gemeindeverbände). Ziel des Kommunalen Finanzreports ist es, die regionalen und zeitlichen Trends wichtiger Indikatoren aufzuzeigen. Er wird erarbeitet in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Experten aus der Praxis.
Autor: red

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