Do, 20:25 Uhr
09.10.2025
Forum:
Die "Bewertung" der Ostdeutschen
Ursprünglich hatte nnz-Leser Wolfgang Jörgens nicht die Absicht sich zum Thema "Der Tag, der alles verändert(e)" zu äußern. Nach dem Kommentar von "hannes 07" hat er eine Erwiderung...
Da ich jedoch "ein Kind der DDR" bin, erfolgreich eine Facharbeiter-Lehre, zwei Studiengänge (übrigens nach 1990! als ordentliche Diplome urkundlich anerkannt, -zu meiner großen Überraschung-, und in der "Neuen Zeit" ebenfalls erfolgreich meinen Weg gegangen bin, genau wie viele Mitbürger aus Mitteldeutschland, komme ich nicht umhin auf einige sogenannte Argumente von "Hannes 07" hier einzugehen, die da u.a. sind:
"Naja, wieder mal recht einseitig", "Das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung...", "...gefühlte Wahrheit", "...pauschale Vorwurf des "Verramschens" ist nicht objektiv belegbar". Meine hier dazu geäußerten Gedanken beruhten und beruhen immer und zeitnah auf belegbaren Fakten, sehr geehrter "Hannes 07". Das gebietet der Kodex meines Studiums an der Akademie für Staats-und Rechtswissenschaft Potsdam/Babelsberg- sie gibt es heute noch!
Was ist Ihr Problem als anonymer Schreiber bei ihrer "Meinung zum Artikel "Der Tag, der alles verändert(e)"? Ich vermute, Sie leben in einer Gedankenwelt, die möglicherweise durch Ihre Entwicklung in der "alten BRD" geprägt ist. Das wäre verständlich. Anhand von öffentlichen Äußerungen westdeutscher Persönlichkeiten aus Politik und Aussagen von führenden Vertretern der ehemaligen Treuhandanstalt - ebenfalls aus Westdeutschland - mögen Sie, sehr geehrter "hannes 07", zum Nachdenken angeregt werden.
Ich gliedere meine Gedanken in zwei Komplexe, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:
1. Reparationszahlungen im Ergebnis des 2. Weltkrieg
2. Rolle der Treuhandanstalt (Kurzfassung)
Zu 1.: Anlässlich des 10. Jahres der Wiedervereinigung sagte Herr Rau u.a. folgendes: "Dabei sollten wir 10 Jahre nach dem Fall der Mauer nicht vergessen, dass die Menschen in der DDR ohne eigenes Verschulden die weit schwereren Lasten aus der deutschen Geschichte zu tragen hatten." Dieses Zitat wird durch nachstehende aufgeführte Fakten gestützt: Volumen der Leistungen für Reparationen bis 1953 pro Kopf der Einwohner:
BRD 23,00 RM (RM= Reichsmarkt)
DDR 1.349,00 RM
Das wiederum entspricht:
2,1 Mrd. DM für BRD
99,1 Mrd. DM für DDR
zu Preisen 1953 und Bevölkerung. Das wiederum bedeutet 99,1 Mrd. Reparationszahlungen der DDR stehen bis zu diesem Zeitpunkt (1953) 2,1 Mrd. DM der BRD gegenüber. Die DDR und ihre Bürger trugen zu diesem Zeitpunkt 97 bis 98% der Reparationszahlungen für Gesamtdeutschland.
Professor A. Peters aus Bremen und weitere 12 namhafte Wissenschaftler aus den "alten" Bundesländern stellten 1990 zu dem Thema "Reparationszahlungen" folgendes fest: Unter Berücksichtigung einer Verzinzung von 65/8% (üblicher Kreditrahmen 1983-1988 zur damaligen DDR) ergibt sich eine Ausgleichszahlung der BRD an die Bürger der DDR in Höhe von 727,1 Mrd. DM zum Wert von 1989 als objektiv völlig gerechtfertigter Lastenausgleich.
Im Jahr 1992 sagte Klaus v. Dohnanyi in Leipzig: "Es geht nicht, dass der östliche Teil Deutschlands, der den Krieg bezahlt hat, auch noch den Frieden bezahlen muss...die Ostdeutschen sind in "Vorleistung" gegangen."
Zu 2.: Laut "Deutschland Papier" des Willy-Brandt Kreises 1997 zum Thema DDR Vermögen wurde folgendes festgestellt: "Das Produktivvermögen (Wert des Kapitalstock der DDR) beträgt nach seriösen Schätzungen etwa 450 Mrd. DM". Lt. Aussagen der Treuhandanstalt entsprachen viele Betriebe nicht dem Stand der Technik. Aber!, 10% hochproduktiver Anlagen waren vorhanden. 40% der vorhandenen Anlagen hätten zunächst mit Verlust gearbeitet. In rund zwei Jahren hätten sie ihre Rentabilitätsgrenze erreicht. Die jüngere Geschichte hat gezeigt, aus politischen Gründen kam alles ganz anders. Alles wurde unter "den Hammer" gebracht und nicht selten für einen symbolischen Euro plus zusätzlichen sogenannten Stützungszahlungen in Größenordnung regelrecht verschleudert. So wurden rund drei Millionen Arbeitsplätze in Mitteldeutschland vernichtet.
Henning Voscherau sagte hierzu in 1996 folgendes: "In Wahrheit waren fünf Jahre Aufbau Ost das größte Bereicherungsprogramm für Westdeutsche, das es je gegeben hat". Hierzu einige Fakten in Kurzform: Das Produktivvermögen der ehemaligen DDR wurde lt. Angaben der Treuhandanstalt wie folgt veräußert:
Diese kurze Sachanalyse im Rückblick auf "36 Jahre" sollte bei der "Bewertung der "Ostdeutschen" nicht unberücksichtigt bleiben. Nur wer sachbezogen Fakten berücksichtigt, könnte zu der subjektiven Auffassung gelangen, dass eine Achtung und Anerkennung der Leistungen der Mitbürger in Mitteldeutschland nicht unangebracht wäre. Mit so einer Haltung könnten "Mauern in den Köpfen" abgebaut werden und wir gemeinsam die Probleme von heute anpacken und lösen.
Wer Subjektivismus betreibt wird die "Geschichte" nie begreifen und verstehen. Man wird dann aus Fehlern, die mal begangen wurden, nie lernen. Frieden, Frieden und nochmals Frieden sollte das zentrale Credo eines gemeinsamen Handelns sein und bleiben.
Wolfgang Jörgens, Sophienhof
Autor: psgDa ich jedoch "ein Kind der DDR" bin, erfolgreich eine Facharbeiter-Lehre, zwei Studiengänge (übrigens nach 1990! als ordentliche Diplome urkundlich anerkannt, -zu meiner großen Überraschung-, und in der "Neuen Zeit" ebenfalls erfolgreich meinen Weg gegangen bin, genau wie viele Mitbürger aus Mitteldeutschland, komme ich nicht umhin auf einige sogenannte Argumente von "Hannes 07" hier einzugehen, die da u.a. sind:
"Naja, wieder mal recht einseitig", "Das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung...", "...gefühlte Wahrheit", "...pauschale Vorwurf des "Verramschens" ist nicht objektiv belegbar". Meine hier dazu geäußerten Gedanken beruhten und beruhen immer und zeitnah auf belegbaren Fakten, sehr geehrter "Hannes 07". Das gebietet der Kodex meines Studiums an der Akademie für Staats-und Rechtswissenschaft Potsdam/Babelsberg- sie gibt es heute noch!
Was ist Ihr Problem als anonymer Schreiber bei ihrer "Meinung zum Artikel "Der Tag, der alles verändert(e)"? Ich vermute, Sie leben in einer Gedankenwelt, die möglicherweise durch Ihre Entwicklung in der "alten BRD" geprägt ist. Das wäre verständlich. Anhand von öffentlichen Äußerungen westdeutscher Persönlichkeiten aus Politik und Aussagen von führenden Vertretern der ehemaligen Treuhandanstalt - ebenfalls aus Westdeutschland - mögen Sie, sehr geehrter "hannes 07", zum Nachdenken angeregt werden.
Ich gliedere meine Gedanken in zwei Komplexe, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:
1. Reparationszahlungen im Ergebnis des 2. Weltkrieg
2. Rolle der Treuhandanstalt (Kurzfassung)
Zu 1.: Anlässlich des 10. Jahres der Wiedervereinigung sagte Herr Rau u.a. folgendes: "Dabei sollten wir 10 Jahre nach dem Fall der Mauer nicht vergessen, dass die Menschen in der DDR ohne eigenes Verschulden die weit schwereren Lasten aus der deutschen Geschichte zu tragen hatten." Dieses Zitat wird durch nachstehende aufgeführte Fakten gestützt: Volumen der Leistungen für Reparationen bis 1953 pro Kopf der Einwohner:
BRD 23,00 RM (RM= Reichsmarkt)
DDR 1.349,00 RM
Das wiederum entspricht:
2,1 Mrd. DM für BRD
99,1 Mrd. DM für DDR
zu Preisen 1953 und Bevölkerung. Das wiederum bedeutet 99,1 Mrd. Reparationszahlungen der DDR stehen bis zu diesem Zeitpunkt (1953) 2,1 Mrd. DM der BRD gegenüber. Die DDR und ihre Bürger trugen zu diesem Zeitpunkt 97 bis 98% der Reparationszahlungen für Gesamtdeutschland.
Professor A. Peters aus Bremen und weitere 12 namhafte Wissenschaftler aus den "alten" Bundesländern stellten 1990 zu dem Thema "Reparationszahlungen" folgendes fest: Unter Berücksichtigung einer Verzinzung von 65/8% (üblicher Kreditrahmen 1983-1988 zur damaligen DDR) ergibt sich eine Ausgleichszahlung der BRD an die Bürger der DDR in Höhe von 727,1 Mrd. DM zum Wert von 1989 als objektiv völlig gerechtfertigter Lastenausgleich.
Im Jahr 1992 sagte Klaus v. Dohnanyi in Leipzig: "Es geht nicht, dass der östliche Teil Deutschlands, der den Krieg bezahlt hat, auch noch den Frieden bezahlen muss...die Ostdeutschen sind in "Vorleistung" gegangen."
Zu 2.: Laut "Deutschland Papier" des Willy-Brandt Kreises 1997 zum Thema DDR Vermögen wurde folgendes festgestellt: "Das Produktivvermögen (Wert des Kapitalstock der DDR) beträgt nach seriösen Schätzungen etwa 450 Mrd. DM". Lt. Aussagen der Treuhandanstalt entsprachen viele Betriebe nicht dem Stand der Technik. Aber!, 10% hochproduktiver Anlagen waren vorhanden. 40% der vorhandenen Anlagen hätten zunächst mit Verlust gearbeitet. In rund zwei Jahren hätten sie ihre Rentabilitätsgrenze erreicht. Die jüngere Geschichte hat gezeigt, aus politischen Gründen kam alles ganz anders. Alles wurde unter "den Hammer" gebracht und nicht selten für einen symbolischen Euro plus zusätzlichen sogenannten Stützungszahlungen in Größenordnung regelrecht verschleudert. So wurden rund drei Millionen Arbeitsplätze in Mitteldeutschland vernichtet.
Henning Voscherau sagte hierzu in 1996 folgendes: "In Wahrheit waren fünf Jahre Aufbau Ost das größte Bereicherungsprogramm für Westdeutsche, das es je gegeben hat". Hierzu einige Fakten in Kurzform: Das Produktivvermögen der ehemaligen DDR wurde lt. Angaben der Treuhandanstalt wie folgt veräußert:
- 80% an westdeutsche Bürger bzw. Unternehmen
- 10% an Ausländer
- 5% an DDR Bürger bzw. Unternehmen.
Diese kurze Sachanalyse im Rückblick auf "36 Jahre" sollte bei der "Bewertung der "Ostdeutschen" nicht unberücksichtigt bleiben. Nur wer sachbezogen Fakten berücksichtigt, könnte zu der subjektiven Auffassung gelangen, dass eine Achtung und Anerkennung der Leistungen der Mitbürger in Mitteldeutschland nicht unangebracht wäre. Mit so einer Haltung könnten "Mauern in den Köpfen" abgebaut werden und wir gemeinsam die Probleme von heute anpacken und lösen.
Wer Subjektivismus betreibt wird die "Geschichte" nie begreifen und verstehen. Man wird dann aus Fehlern, die mal begangen wurden, nie lernen. Frieden, Frieden und nochmals Frieden sollte das zentrale Credo eines gemeinsamen Handelns sein und bleiben.
Wolfgang Jörgens, Sophienhof
Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
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