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Die Statements der Thüringer Landtagsfraktionen

Politisch motivierte Kriminalität 2020 sinkt 

Montag, 19. April 2021, 16:54 Uhr
Zur heutigen Vorstellung der Statistik politisch motivierter Kriminalität in Thüringen im vergangenen Jahr hatten wir am Vormittag bereits das Statement der CDU abgedruckt. Nun wollen wir Ihnen die Kommentare der anderen Parteien zur rechtsextremen Gewalt auch nicht vorenthalten …
 
Ingesamt 2.095 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität wurden 2020 in Thüringen erfasst. Experten weisen angesichts der Zahlen arauf hin, dass insbesondere im Bereich der staatsschutzrelevanten Delikte im Kontext von Wahljahren ein Anstieg und danach ein Abfall zu beobachten sei. Hier würden gerade Sachbeschädigungen und Diebstähle von Wahlplakaten zu verzeichnen sein. Weil diese oftmals unbemerkt stattfinden, fehle vielfach ein Tatverdächtiger und sinke somit die Aufklärungsquote. Ebenso machten sich Auswirkungen der Corona-Krise auf die Fallzahlen bemerkbar. Zu bedenken sei zudem, dass der Anstieg rechter Delikte trotz erstmals pandemiebedingt ausbleibender rechter Großkonzerte geschehen sei, bei denen sonst vielfach Straftaten begangen werden.
 
Hier lesen Sie, schön säuberlich politisch geordnet von links nach rechts, wie die im Landtag vertretenen Parteien die Statistik bewerten:

DIE LINKe
Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag, erklärt „Das hohe Niveau rechter Straftaten und auch die gestiegenen Übergriffe von rechts machen deutlich, welches Bedrohungspotential von Rassismus, Neonazismus und völkischem Denken ausgehen. Gerade auch der Anstieg der antisemitischen Delikte um 25 Prozent auf 116 Fälle  macht deutlich, dass wir diesen Ressentiments noch mehr gesamtgesellschaftlich entgegensetzen und überall dort klare Kante zeigen müssen,  wo sich Vorurteile und Anfeindungen bemerkbar machen - egal ob im Internet, am Stammtisch oder bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen.“
 
Auch vor dem Hintergrund gestiegener strafbarer Anfeidungen gegen Amtsträger und Kommunalpolitiker appelliert König-Preuss zu einem konsequenteren Umgang: „Für das aktuelle Jahr haben wir 100.000 Euro zur Errichtung einer unabhängigen Beratungsstruktur gegen Hatespeech im Haushalt verankert, um Engagierte gegen Rassismus, Politiker:innen und politisch engagierte Frauen, die immer wieder Ziel von Attacken im Netz werden, zu unterstützen. Ich hoffe, dass das Innenministerium zügig an die Umsetzung geht und hier auch an die bestehenden Beratungsstrukturen, wie ezra, der Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, herantritt, um die Idee schnell mit Leben zu füllen und Betroffene besser zu unterstützen.“


SPD
Den Sozialdemokraten in Thüringen bereitet „Politisch motivierte Kriminalität Anlass zu großer Sorge“ Ihre Forderung lautet daher: Jüdische Einrichtungen schützen!
 
Zur heutigen Vorstellung der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität durch den Thüringer Innenminister Georg Maier, äußert sich die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Dorothea Marx:
 
„Die Pandemie mag sich beruhigend auf das allgemeine Kriminalitätsgeschehen auswirken – das Ansteigen der antisemitischen Straftaten um 25 Prozent ist jedoch alarmierend. Der Zusammenhang mit der ‚Querdenker‘-Bewegung ist hier naheliegend und gibt Anlass zur Sorge. Die ‚Querdenker‘-Bewegung zeigt immer wieder bei ihren Demonstrationen, dass sie den demokratischen Rechtsstaat verachten und versuchen, staatliche Institutionen zu delegitimieren.“
 
Das zeigten die Anhänger vor allem dadurch, dass sie Versammlungsverbote ignorieren, die Ausbreitung des Corona-Virus‘ wissentlich in Kauf nehmen und Maßnahmen gegen die Pandemie mit dem Nazi-Regime gleichsetzen. Die Innenpolitikerin Marx unterstützt deshalb auch die Forderung des Thüringer Innenministers, die „Querdenker“-Bewegung beobachten zu lassen. Außerdem sollten Marx zufolge jüdische Einrichtungen weiterhin besonders geschützt werden.
 
Weiterhin bestätigt auch die PMK 2020, dass die größte Gefahr von rechts kommt: Trotz des generellen Rückgangs der politisch motivierten Straftaten gibt es mehr Gewalttaten von rechts. Das sei Marx zufolge ein deutliches Zeichen für die weitere Radikalisierung der Szene.
 
Antisemitische Straftaten: Steigerung von 25 Prozent
Trotz generell gesunkener Zahlen politisch motivierter Delikte haben antisemitische Straftaten im Corona-Jahr 2020 in Thüringen stark zugenommen. Es wurden 116 antisemitische Delikte erfasst, während es ein Jahr zuvor noch 93 waren.

FDP

„Keine Rechtfertigung für politisch motivierte Straftaten“ heißt es bei den Liberalen und die Fraktion fordert: „Gesellschaft muss Tätern entschlossen entgegentreten“
Die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag ist angesichts der aktuellen Statistik zu politisch motivierten Straftaten besorgt. „Die immer niedrigere Hemmschwelle, auch schwere Straftaten zu begehen, ist eine Entwicklung, der wir entschieden entgegentreten müssen“, betont Dirk Bergner, innenpolitischer Sprecher der Freien Demokraten. Auch die Zahl schwerer Straftaten hat zugenommen; dazu gehören die wiederholten Krawalle in Jena.

Gegenüber dem Jahr 2019 blieb die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten durch rechte Täter auf gleichem Niveau. „Dennoch täuscht die Statistik etwas. In Wahljahren wie 2019 nehmen politisch motivierte Straftaten erfahrungsgemäß zu und danach wieder ab. Insofern sehe ich in der gleichbleibenden Zahl für das Jahr 2020 eine negative Entwicklung“, sagt Bergner.
Die Freien Demokraten sprechen sich gegen Gewalt jedweder politischen oder religiösen Einstellung aus. Dazu erklärt Dirk Bergner: „Weder die vorgebliche Verteidigung von Bürgerrechten noch der zivile Ungehorsam und auch nicht die Bekämpfung von Extremismus sind Argumente, die Gewaltausbrüche oder Straftaten rechtfertigen.“

AfD

Die Propagandadelikte verzerren die Statistik, behaupten die Alternativen und führen aus:
 Bei der heutigen Vorstellung der Statistik zur „Politisch motivierten Kriminalität“ (PMK) nahm Innenminister Georg Maier (SPD) erneut fast ausschließlich auf die hohen Fallzahlen aus dem rechten Umfeld Bezug. Alle anderen Bereiche der „Politisch motivierten Kriminalität“ wurden als Randnotiz abgetan.
 
Hierzu erklärt Ringo Mühlmann, innenpolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion:
 
„Auch im Jahr 2020 ist die ‚Politisch motivierte Kriminalität‘ aus dem rechten Bereich nahezu ausschließlich aufgrund der Propagandadelikte um ein Vielfaches höher als der aus allen anderen Bereichen. Da es diese Art der Tatbegehung bis auf wenige Ausnahmen lediglich für eine rechte Motivation gibt, verzerrt dies die Statistik Jahr für Jahr erheblich. Rechnet man diese Delikte ab, ergibt sich ein – immer noch zu hohes, aber wesentlich realistischeres – Bild der ‚Politisch motivierten Kriminalität‘ im Freistaat: 462 Delikten der Gewaltkriminalität und sonstigen Staatsschutzdelikten, denen eine rechte Tatmotivation zugrunde lag, stehen 424 Delikten derselben Deliktsqualitäten mit einer linken Tatmotivation gegenüber. Dabei ist jedoch jeder einzelne Fall, egal auf welcher Motivation dieser beruht, ein Fall zu viel und ein Angriff auf den Rechtsstaat.
Fast schon beiläufig bleibt in der Berichterstattung regelmäßig unerwähnt, dass es, entgegen den Verlautbarungen zahlreicher Medien und Politiker, nach wie vor kein einziges Ermittlungsverfahren oder dementsprechend ernst zu nehmende Hinweise auf rechtsterroristische Bestrebungen gibt.“
Autor: red

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