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Eine Glosse zur Posse

Gedanken zur Ausgangs"beschränkung"

Donnerstag, 22. April 2021, 19:45 Uhr
Über die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten, wie die ab Montag geltende nächtliche Ausgangssperre in Gebieten mit einer Inzidenz von über 100 heißt, hat sich Olaf Schulze einige Gedanken gemacht...

Ich habe jetzt eine neue Testreihe für mich entdeckt. Vermutlich kommt die auch aus China, aber was ändert das schon großartig. Die Tests sind ordentlich luftdicht verpackt und wenn die Hülle abgenommen ist, sehen sie wie kleine Kekse aus. Die muss man mit voller Kraft zwanzig Sekunden anpusten, um sie mit Viren zu besprühen und hinterher aufbrechen. Innen befindet sich das Testergebnis auf einem Zettel ausgedruckt. Bisher hatte ich schon „Du wirst heute noch eine schöne Überraschung erleben“ und „Das Glück kommt bald zu dir“ und „Wenn der Tag sich neigt, Glück sich zeigt“. Das sind doch die positive Nachrichten bzw. negativen Testergebnisse, wie wir sie uns alle wünschen.

Als nächstes schaffe ich mir einen Hund an. Dann darf ich in der „Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten“, die ab Montag zwischen 22 Uhr und 5 Uhr per Infektionsschutzgesetz erlassen wird, doch raus an die Luft, weil der Hund Gassi gehen darf. Wegen des Tierwohls; bzw. dessen Gefährdung, wenn er nicht Gassi gehen würde.

Vielleicht kaufe ich mir aber auch einen Jogginganzug und gehe darin abends spazieren. Das ist auch bis 24 Uhr erlaubt. Darf man aber nur alleine machen. Obwohl, wenn das viele Leute alleine machen, kann man sich vielleicht mit gehörigem Sicherheitsabstand gegenseitig anschreien und hat so etwas nächtliche Konversation auf der Straße.

Ein weiterer Ausnahmegrund bei der Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten ist die „Versorgung von Tieren.“ Ich könnte ein Vogelhäuschen am anderen Ende der Stadt aufstellen, dass ich dann nachts bestücke, damit die gefiederten Freunde nach ihrer regelmäßigen Ruhe- und Schlafenszeit ein ordentliches Frühstück vorfinden. Oder ich lege irgendwo, wo ich sonst immer nachts hingegangen wäre, einen kleinen Teich an und setzte einige Goldfische rein. Dann könnte ich die mit einer Hand voll getrockneter Wasserflöhe füttern gehen.

Oder ich gehe gar nicht mehr raus und vermiete Hund und Jogginganzug oder Tierfutter an Leute, die nach 22 Uhr noch etwas zu erledigen haben. Das kann ich vielleicht in der nnz unter Kleinanzeigen inserieren: „Vermiete Hund über Nacht. Bitte bis 21.59 Uhr abholen.“
Oder eben den Jogginganzug: „Authentisch angeschwitzter Jogginganzug für nächtliche Erledigungen günstig zu vermieten.“
Das Futter für Vögel und Goldfische zu vermieten ist schon schwieriger, weil das wäre ja dann hinterher weg und die Mieter könnten es nicht wieder bringen. Da muss ich noch einmal nachdenken.

Eigentlich sollte die „Bundes-Notbremsen-regelmäßige Ruhe- und Schlafenszeit“ ja schon um 21 Uhr beginnen, aber das ist im Austausch gegen eine Sieben-Tages-Inzidenz von 165 statt 200 für Schulschließungen im Entwurf noch einmal geändert worden. Soll keiner sagen, es wäre undemokratisch zugegangen bei der Gesetzesformulierung und die Ministerpräsidenten hätten nicht beinhart verhandelt. Immerhin haben sie eine Stunde Nachtruhenverzögerung rausgeschunden und die Bundeskanzlerin um 35 Inzidenzpunkte runtergehandelt. Oder die Kanzlerin hat die Ministerpräsidenten runtergehandelt. Ist ja auch egal. Am Ende war es jedenfalls ein Kompromiss. War auch sicher nicht leicht, denn Frau Merkel geht ja im September in den Ruhestand und da will sie nachts von keinen Krakeelern vor ihrem Schlafzimmer in der Uckermark am gesundheitsfördernden Nachtschlaf gehindert werden.

Alles in allem können wir recht zufrieden sein mit den Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten. Das sagt auch mein Nachbar immer; dass es uns noch viel härter hätte treffen können und man zufrieden sein soll mit dem, was man hat. Also, an Nachtruhe.

P.S.: Ehe es Verwechslungen und Beschimpfungen gibt, das nachfolgende Zitat zum Gesetz mit der Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten stand nicht heute früh in der NNZ, sondern in der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) und damit sind wir nicht verantwortlich für den Inhalt: „Das Gesetz ist ein Ausdruck von Unfreiheit, Angst und Hilflosigkeit. Es schneidet tief in das föderale Miteinander von Bund und Ländern ein und belastet die rechtsstaatliche Statik. Deutschland verharrt in einem stupiden Lockdown-Fundamentalismus mit eingebautem Jo-Jo-Effekt.“

P.P.S.: Ach, und weil es schon wieder spät wird und ich die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zu regelmäßigen Ruhens- und Schlafenszeiten heute mal üben will, hier nur noch eine kurze, abschließende Bemerkung: Wer diesen kleinen Text hier negativ kommentiert, gibt damit automatisch zu, ein Reptiloid und/oder ein Verschwörungstheoretiker zu sein. Gute Nacht!
Olaf Schulze
Autor: osch

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