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Betriebsräte warnen vor Angebotskürzungen und Preiserhöhungen

ÖPNV und Mobilitätswende in Gefahr

Freitag, 04. Juni 2021, 08:10 Uhr
Mit einem Brandbrief haben sich Betriebs- und Personalräte aus über 140 Unternehmen des öffentlichen und privaten Personennahverkehrs (ÖPNV) an Landes- und Bundespolitiker gewandt. Gemeinsam mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) appellieren sie an Bund und Länder, Einsparungen und Preiserhöhungen im ÖPNV zu verhindern und stattdessen in eine krisenfeste und klimagerechte Mobilitätswende zu investieren...

ver.di und die Beschäftigtenvertreter sehen den ÖPNV und die Mobilitätswende in akuter Gefahr, wenn die Politik nicht handelt.

„Für den ÖPNV sind die Kommunen verantwortlich, aber ihnen fehlt auch wegen der Corona-Krise das Geld. Deshalb brauchen sie dringend Unterstützung“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Die Fahrgeldausfälle durch die Pandemie würden schätzungsweise 7 Milliarden Euro, die Verluste der Kommunen durch Gewerbesteuerausfälle für 2021 weitere 7 Milliarden Euro betragen. Schon jetzt würden einige Kommunen darüber nachdenken, beim ÖPNV zu sparen, das Angebot zu reduzieren und die Fahrpreise zu erhöhen. Die Fortführung des ÖPNV-Rettungsschirms in 2021 mit je einer Milliarde Euro von Bund und Ländern sei zu begrüßen, jedoch mit Blick auf die Zukunft nicht ausreichend.

„Die Bundesregierung hat sich den europäischen Klimazielen verpflichtet, sie darf die Kommunen mit dieser Verantwortung bei der öffentlichen Mobilität nicht allein lassen“, fordert die Gewerkschafterin gemeinsam mit den Betriebs- und Personalräten.
Die Unterzeichnenden fordern in ihrem Brief, die Finanzierung auf neue Beine zu stellen: „Wir wollen unseren Kindern einen lebenswerten Planeten hinterlassen“, heißt es dort. Ohne den Ausbau des ÖPNV seien die Klimaziele nicht erreichbar: „Bund und Länder haben sich das Ziel gesetzt, bis 2030 die Fahrgastzahlen im ÖPNV gegenüber 2019 zu verdoppeln. Das ist nur mit zusätzlicher, langfristiger Finanzierung aus Steuermitteln der Länder und des Bundes erreichbar.“

Nach zwei Jahrzehnten Sparmaßnahmen besteht schon heute ein akuter Fachkräftemangel von 15.000 Beschäftigten. Bis zum Jahr 2030 werden zudem 100.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen, das ist jeder Zweite. Um in diesem Zeitraum die Ausbauziele zu erreichen würden nach Berechnungen der Gewerkschaft in den kommenden Jahren darüber hinaus zusätzlich 70.000 Beschäftigte benötigt. Diese Fakten würden einen dringenden Handlungsbedarf und die Notwendigkeit einer starken finanziellen Unterstützung verdeutlichen. Um die Ausbauziele zu erreichen, fordert ver.di, bis 2030 jährlich 10 Milliarden Euro zusätzlich in Infrastruktur, Fahrzeuge, Betrieb und Personal zu investieren.

Neben dem Brandbrief an politisch Verantwortliche wurden in acht Thüringer ÖPNV-Betrieben gut sichtbare Banner angebracht, um die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren.
Die Kosten der Pandemie dürfen nicht auf den Rücken der Beschäftigten abgewälzt werden. Der ÖPNV gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge und sollte nicht der Profitlogik unterworfen werden. Die Beschäftigten sind es, die während der Pandemie den Laden am Laufen halten und gewährleisten, dass andere systemrelevanten Berufe weiterhin ausgeübt werden können.
Autor: red

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