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Unternehmen müssen sich bei Fachkräften bewerben

Dienstag, 25. Januar 2022, 14:00 Uhr
Es sei ein durchwachsenes Bild gewesen, dass sich dem Leiter des Regionalen Service Centers der IHK, Christian Böduel, da im vergangenen Jahr geboten habe. Was aber bedeutet durchwachsen aus Sicht der Wirtschaft? Wir wollten das näher wissen...

Leitet seit rund einem Jahr das Regionale Service Center der IHK in Nordhausen: Christian Böduel (Foto: privat) Leitet seit rund einem Jahr das Regionale Service Center der IHK in Nordhausen: Christian Böduel (Foto: privat)
Der Wirtschaft ging es in den zurückliegenden zwölf Monaten nicht anders als den an anderen Facetten dessen, was man gemeinhin als "unser Leben" bezeichnet. Es war geprägt von einem Virus, von dem man höchstwahrscheinlich immer noch nicht genau weiß woher es kommt und "was es will".

Und so gab es wie so oft im Leben Gewinner und Verlierer. "Verlierer waren erneut der Einzelhandel (außer Lebensmittel), die Veranstaltungsbranche oder die Gastronomie sowie das Beherbergungsgewerbe. Dagegen konnten wir in Nordthüringen das verarbeitende Gewerbe, die Industrie oder die Baubranche durchaus auf der Gewinnerseite festmachen", konstatiert Böduel.

Allerdings ist auch auf der wirtschaftlichen Sonnenseite nicht alles Gold was glänzt, denn die Rohstoffproblematik und die immer stärker fehlenden Fachkräfte machten den meisten Unternehmen - egal welcher Größe - ordentlich zu schaffen. Rohstoffe wachsen nach, werden weiter abgebaut und vielleicht schaffen sie es per Frachter demnächst auch wieder nach Nordthüringen. Anders bei den Fachkräften. Die wachsen zwar auch nach, doch leider eben nicht in dem Tempo und auch nicht in der Qualität, in der sie gebraucht werden. Was also kann hier die Kammer tun?

"Beim Verlassen der Komfortzone müssen die Unternehmen zwingend neue Wege beschreiten. Mehr und mehr müssen Mobilität, müssen ein gesundes Betriebsklima und ein gerechter Lohn in den Fokus rücken. Ich denke schon, dass dies bei vielen Betrieben angekommen ist. Der Markt der Fachkräfte wird jedoch in den nächsten Jahren noch unerbittlicher, noch härter. Hier aber können wir von der IHK, gemeinsam mit anderen Partnern helfend und unterstützend eingreifen", sagt Christian Böduel.

Von der großen Politik, sprich, von der Bundesregierung erwartet der Leiter des IHK-Servicecenters, das der Kurs vorgegeben wird. Im Lokalen und Regionalen allerdings sollte man den Akteuren vor Ort genügend Freiraum geben und lassen, um das Ziel auch zu erreichen. Geringfügiges Abweichen vom Kurs kann durchaus erlaubt sein. Ein Beispiel dafür sei das Handeln der IHK-Zentrale in Erfurt. Sie lasse den Centern in der Fläche genügend Spielraum für Kreativität, biete darüber hinaus Förderung und Unterstützung an.

Und genau in dieser Fläche wollen Böduel sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Landkreise Nordhausen, Eichsfeld und für den Kyffhäuserkreis zuständig sind, die Unternehmen begleiten, wollen moderieren, wollen "reinhören" und mit der Politik bestehende Probleme ansprechen und ausdiskutieren. "Wir wollen keine Keks-Gespräche", da können auch mal die Fetzen fliegen. Letztlich hat das gemeinsame Ziel die Priorität 1a. Und das ist?

"Als eine lebenswerte Region soll sich Nordthüringen darstellen. Wir müssen uns nicht verstecken, haben viel zu bieten. Beim Entdecken genau dieser Angebote ist man oft betriebsblind, was wiederum die Vermarktung der Vorteile behindert. Wir müssen uns aber auch nicht neu erfinden", meint der 45jährige.

Selbst das 100 Hektar große Industriegebiet in der Goldenen Aue muss nicht neu erfunden werden. Es ist einfach vorhanden, hat fast 40 Millionen Euro gekostet und bringt - außer landwirtschaftlicher Nutzfläche und damit Ertrag für Bauern - nicht viel. Schon zu oft wurde von Politik, NUV oder Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Optimismus verstreut. Es werde schon klappen. Es gebe Interessenten. Man brauche Geduld. Wie oft hörte man dies aus Nordhausen oder Erfurt. "Auch der NUV versucht mit allen Kräften die Entwicklung in Gang zu setzen und hat erreicht, dass es in der Landesregierung sogar Chefsache ist", so Böduel. Allerdings ist das mit der Chefsache in Erfurt auch so ein Ding. In der dortigen Staatskanzlei liegt vermutlich ein hoher Stapel mit "Chefsachen". De facto kann es schlimmer nicht kommen - für die 100 Hektar in der Goldenen Aue.

Christian Böduel ist trotz aller Unkenrufe weiterhin optimistisch. Ihm ist es egal, ob ein kleines Unternehmen, ein Mittelständisches oder ein sogenannter Big Player in der Aue aufschlägt. Man werde als IHK alles begleiten, was Arbeitsplätze mit sich bringe. Entfernungen sind in Nordthüringen entlang der A38 kein Thema mehr. Das Reservoir an Arbeits- und Fachkräften hingegen schon.
Peter-Stefan Greiner
Autor: psg

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