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Pressekonferenz in Bleicherode nach Großbrand in der Nacht

Wiederaufbau ist geplant, Brandursache weiter unklar

Montag, 23. Mai 2022, 14:45 Uhr
Der Geruch von Ruß liegt über der Stadt und durchdringt auch die Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr Bleicherode. Das Gerätehaus liegt in direkter Nachbarschaft zum Werk, ein Glück im Unglück. Hierher hatten die Kameraden heute Mittag zur Pressekonferenz gebeten...

Inferno letzte Nacht: 300 Mitarbeiter plötzlich ohne Job (Foto: S.Dietzel) Inferno letzte Nacht: 300 Mitarbeiter plötzlich ohne Job (Foto: S.Dietzel)


Auch heute Nachmittag, gut zwölf Stunden nachdem der gröbste Teil der Löscharbeiten beendet wurde, stehen noch Rauchwolken über dem Werk der Großbäckerei Panem in Bleicherode.

Der erste Alarm ging gestern Abend um 19.17 Uhr ein, die Brandmeldeanlage hat gefunkt und auch die ersten Notrufe gingen zügig über den Äther, berichtet Wehrführer Marcel Steinecke, der gestern den Einsatz leitete. Schnell wurde gehandelt, aber die Flammen waren schneller. Schon bei der Ankunft, berichtet Steinecke, trat schwarzer Rauch aus dem Gebäude. „Wir haben zunächst die Lage sondiert und sind ins Innere des Gebäudes vorgedrungen. Den Vorstoß mussten wir aber bald abbrechen, der gesamte Produktionsbereich stand bereits in Flammen und das Dach drohte einzustürzen“.

Das Feuer wurde deshalb von außen angegriffen und die Konzentration darauf gelegt, die mit Mehl gefüllten Silos zu kühlen. Werk 1 der Panem Großbäckerei ist aller Mühen zum Trotz dennoch nicht zu retten. Die Dachkonstruktion aus Stahl und Beton brach Stück für Stück zusammen und begrub den Brandherd unter sich. Gegen 01.30 Uhr in der Nacht war das Feuer unter Kontrolle.

Auch das hat Vor- und Nachteile, erklärt der Feuerwehrmann. Zum einen hat die Konstruktion dafür gesorgt, dass sich die Flammen nicht weiter über die Anlage ausgebreitet haben, zum anderen sind die Löscharbeiten nun, da die Glut- und Brandnester unter Schutt begraben liegen, schwerer zu bekämpfen. Man wird noch einige Tage zu tun haben, sagt Steinecke, das Schadensbild sein „enorm“.

v.l.: Daniel Kunze, Kreisbrandinspektor des Landkreises, Thomas Gubert, Inspektionsdienst der Polizei, Marcel Steinecke, Wehrführer und Einsatzleiter Bürgermeister Frank Rostek und Dr. Marcus Schirmer, Geschäftsführer Backstube Panem (Foto: agl) v.l.: Daniel Kunze, Kreisbrandinspektor des Landkreises, Thomas Gubert, Inspektionsdienst der Polizei, Marcel Steinecke, Wehrführer und Einsatzleiter Bürgermeister Frank Rostek und Dr. Marcus Schirmer, Geschäftsführer Backstube Panem (Foto: agl)


Die gute Nachricht: keiner der 59 Mitarbeiter, die sich am gestrigen Sonntag im Werk befanden, wurde verletzt. „Das ist das allerwichtigste. Alle haben richtig gehandelt und die Firma konnte schnell verlassen werden“, sagt Dr. Marcus Schirmer, Geschäftsführer von „Panem“. Es ist ein schwerer Schlag für die Firma und ihre Mitarbeiter.

Die „Backstube“ ist mit über 400 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Landgemeinde Bleicherode. Nun wird man die Produktion erst einmal stoppen müssen. Im frisch gebauten Werk 2 wurde die Produktion in den letzten Wochen zwar bereits aufgenommen, die befinde sich aber noch in den „Kinderschuhen“ und laufe noch nicht autark, erklärt Schirmer. Wie es weitergeht, wolle man morgen mit den Mitarbeitern besprechen. Rund 300 der Beschäftigten werden direkt betroffen sein und zunächst freigestellt und weiter bezahlt werden, so der Geschäftsführer weiter. Der Schaden werde wohl im siebenstelligen Bereich liegen. „Unser Ziel ist es, dass Werk so schnell wie möglich wieder aufzubauen“, erklärte Schirmer.

Dass die Brötchen nach der Katastrophe in Bleicherode ab morgen noch teurer werden steht indes nicht zu befürchten. Panem liefere in die ganze Bundesrepublik und die Geschäftsleitung sei bereits im Gespräch mit Mitbewerbern, um die Versorgungskette nicht abreißen zu lassen.

Schockiert und mitgenommen zeigte sich auch die Verwaltung im Bleicheröder Rathaus. „Es ist schlimm zu sehen, wie schnell ein Brand um sich greifen kann und in wenigen Stunden zerstört, was hier über Jahre hinweg aufgebaut wurde“, sagte Bürgermeister Frank Rostek. Er sei froh, dass niemandem etwas passiert sei und dass derart besonnen gehandelt wurde. Seit dem Zugunglück vor elf Jahren habe es keine solche Lage mehr erlebt, sagte der Bleicherodes Bürgermeister.

Wie sehr die zuständigen Stellen seitdem dazugelernt haben, hätte die reibungslose Zusammenarbeit der Einsatzkräfte gezeigt. Neben den Kameraden aus Bleicherode waren insgesamt 230 Einsatzkräfte vor Ort. Die sonst übliche Aufzählung der Beteiligten unterließ Kreisbrandinspektor Daniel Kunze heute, die Liste wäre schlicht zu lang geworden. Auch aus dem Eichsfeld, dem Landkreis Göttingen und dem Unstrut-Hainich-Kreis rückte Hilfe an. Ihren eindringlichen Dank für den unermüdlichen Einsatz gaben heute Nachmittag denn auch allen Beteiligten an die Einsatzkräfte weiter.

Brandursache weiter unklar
Die erste Rauchentwicklung habe man in der Nähe der Kühlanlagen registriert, ob hier aber auch die Brandursache zu finden ist, dass könne man noch nicht sagen, gab Thomas Gubert vom Inspektionsdienst der Nordhäuser Polizei zu Protokoll. Die Ermittlungen werde die Kriminalpolizei übernehmen, sich aber aufgrund des eingestürzten Daches zunächst auf eine Betrachtung von außen beschränken müssen. Eine Mehlstaubexplosion als Auslöser für die Katastrophe könne man ausschließen, meinte Geschäftsführer Schirmer, ein derartiger Vorfall sei in einer Mühle denkbar und komme in Großbäckereien eigentlich nicht vor.
Angelo Glashagel/Olaf Schulze
Autor: red

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