eic kyf msh nnz uhz tv nt
Mi, 19:43 Uhr
22.06.2022
KRITISCH BETRACHTET VON WILHELM ROTH

Landschaft zwischen Menschen und Tieren

Naturparkfest in Fürstenhagen. Freunde der Natur strömen, von Corona befreit, zu einer festlich willkommenen Gemeinsamkeit. Die Vielzahl der leidenschaftlich geprägten Wissensangebote werden lehrreich angenommen. Auch die Ausstellung im Wasserturm mit ihren kurzen Themenangebot will als Höhepunkt des Naturparkfestes begangen sein...

Hier wird für das Projekt geworben (Foto: W. Roth) Hier wird für das Projekt geworben (Foto: W. Roth)
Unter einer Stufe lese ich in breiter Schrift erstaunt, dass für die Erzeugung eines Kilogrammes Rindfleisch 15.415 Liter Wasser verbraucht werden. Vergeblich suche ich nach der bewährten „Gulaschkanone“, von der mir ein Freund einst eine deftige Erbsensuppe schöpfte. So blieb es bei einer begehrten Thüringer Bratwurst mit dem Gedanken, wieviel Kilogramm auch würzigen Steaks im Brötchen mit welcher Wasserlast verzehrt wurden? Die „Alltagshelden“ haben uns mit viel Fleiß betreut.

Anzeige symplr
Am Feldrand entdecke ich von AGROMA Kalteneber ein großes Schild mit klarer Schrift, was hiermit der Grund meines Beitrages ist. „Think global, act local!“ (Global denken, lokal handeln!) als Überschrift. „Hier wächst ein Klimaschutzprojekt der Klima- und Naturschutzgesellschaft Eichsfelder Land zum Erhalt eines klimafreundlichen Eichsfeldes“.
Es ist ein 10 m breiter bunter Blühstreifen, der sich als zertifiziertes Klimaschutzprojekt „All in one – Alles in Einem“ vorstellt:

• Pro Biene mit 8 langblühenden Pflanzenarten
• Pro Klima – eine Blühwiese primär zur Umwandlung von CO₂
• Spezielle Gehölze, die weniger blühen, aber einen hohen Anteil an Chlorophyll erzeugen

Fragwürdige Argumente zur Überzeugung, die von den biologischen Wertigkeiten der Natur eher ablenken. Im Internet wird bei einer Besichtigung der Blütenrandbiotope auch mit einer Brotzeit geworben.

Mein Blick wandert besorgt vom Blühstreifen über die Unendlichkeit gelb blühender Rapsfelder im hellen Grün des Getreides. Auch wenn diese Klimaschutzprojekt lobenswert ist und sich das Angebot an Blüten zur Insektennahrung erhöht, bleibt es eine scheinbare Vortäuschung der realen Vergewaltigung einer Landschaft mit einer unerträglichen verarmten Fruchtfolge!

Ein Agrarunternehmer mit eigenem Hof im Raum Duderstadt kaufte in Kalteneber einen Agrarbetrieb, der zu DDR-Zeit als Vorzeigeobjekt belobigt wurde. Mit der Gründung AGROMA Landmolkerei GmbH wurde die Milchproduktion wegen ökonomischer Preisunsicherheit eingestellt. Die Fortführung der begehrten Eichsfelder Schmandproduktion konnte mit dem besser vergüteten Milchaufkauf eines Agrarbetriebes von Niederorschel gesichert werden. Bei meinen aktiven Bemühungen, den Schutz der ökologisch wertvollen Feldraine im Eichsfeld und Thüringen voranzutreiben, wäre mir diese Klima- und Naturschutzgesellschaft mit einer unabhängigen Zielstellung eine grundlegende Hilfe gewesen. Die Themenangebote verpflichten zu vielfältigen Erkenntnissen und Handlungen.

Infolge der Wendezeit ist der Neubau der Milchviehanlage in Steinheuterode unter der Bewirtschaftung eines holländischen Unternehmers mit dieser weit überhöhten Anzahl von Tieren, die zu DDR-Zeit entscheidend halbiert wurde, eine enorme breitflurige Güllebelastung im Eichsfeld. Die Genehmigung der Behörden dazu kann nur als unverantwortlich bewertet werden. So wurde ebenso die Wiesenlandschaft mit bis 60 Pflanzenarten zwischen Uder und Lutter zum Teil als Ackerland mit Mais gesät. Die gesamte Fläche wurde lediglich mit einer Grassorte, dem Welschen Weidegras als produktive Grünlandwüste mit mehrfacher Mahd und Güllebelastung ökologisch degeneriert.

Das Anlegen eines großflächigen Blühfeldes vor Fürstenhagen bei der Weihnachtsbaumplantage berechtigt nicht den Raub eines Waldrandweges an den abgestorbenen Fichten zur Ackerlandnutzung, der für viele Tier- und Vogelarten ein wertvoller Nahrungsraum ist. Bei meinen langjährigen Vogelmonitoring begegnete ich oft Muffelwild, Rehe und den Fuchs sowie Vogelarten, die in dieser bestandsfähigen Waldkulisse zu beobachten sind.

Die 5-6 m breite Randfläche am Radweg zwischen Martinfeld und Ershausen mit ihrer Vielfalt an Kräutern und Insekten, wurde entgegen den Vereinbarungen radikal zerschlagen. Die Anlage von Blühstreifen dient aufgrund nicht ausreichender Pflege nur zeitbezogen, während standortfeste Kräuter an Gräben, Feldrainen und Waldrändern vor allem zur sicheren Vermehrung und zur Überwinterung notwendig sind. Restkulturen von Phazeliaeinsaaten oder Getreide können den Rebhühnern und Hasen als Nahrungs- und Überwinterungsort dienen.

Die zunehmende Verarmung des Mutterbodens, das Wertvollste was ein Landwirt besitzt, führt zu einer enormen Bodenerosion. Diese kann nur eine ökologische Bewirtschaftung mit angepassten Windschutzstreifen behindert werden. Das Buch von Susanne Dohrn „Das Ende der Natur – die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür“ dokumentiert dieses schwerwiegende Problem.

Es ist mühevoll Landschaftspfleger und Bauhöfe dringend davon zu überzeugen, dass die Anschaffung eines Mähtraktors mit Rucksackfüllung, welcher den höher gewachsenen Grasflächen nach der Überwinterung eine wertvolle ökologische Entwicklung sichern. So bereitet mir das Artensterben zur Biodiversität der Natur Sorge, auch wenn wir im eigenen Umfeld nur Teilerfolge bewirken können. Das Wissen dazu bietet das nächste Naturparkfest in Fürstenhagen, wo mich sicher eine würzige Erbsensuppe zur Stärkung einlädt.
Wilhelm Roth
Autor: psg

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr