Fr, 15:00 Uhr
14.02.2025
Kreishandwerkerschaft lud sich Bundestagskandidaten ein
Sieben auf einen Streich
Eine reichliche Woche vor der Bundestagswahl wollten die regionalen Wirtschaftsvertreter aus Nordthüringen von den sieben Bundestagsbewerbern ihres Wahlkreises Antworten auf brennende Fragen bekommen. Gestern Abend prüften sie die Kandidaten in den Räumen der Kreishandwerkerschaft auf Herz und Nieren …
Herzliche Abneigung zwischen dem Polizisten und AfD-Vertreter Drößler und der LINKE-Kandidatin Vogtschmidt in Antifa-Socken (Foto: oas)
Reichlich dreißig interessierte Zuhörer waren gekommen, dem Schaulaufen der Kandidaten beizuwohnen. Aus regionaler Politik, der Arbeitsagentur, der IHK und der gastgebenden Kreishandwerkerschaft waren Führungskräfte anwesend, aber auch Geschäftsführer großer Unternehmen, Schuldirektoren und eben Handwerker. Moderiert vom Journalisten Eric Marr startete ein munteres Frage-Antwort-Spiel, bei dem die Besucher der Veranstaltung ihren neuen Bundestagsabgeordneten sahen, denn alle sieben waren gekommen. Nur wer am Ende das Buhlen um Wählerstimmen für die Landkreise Eichsfeld, Kyffhäusr und Nordhausen gewinnen wird, steht bis zum nächsten Sonntag weiterhin in den Sternen.
Zuerst sollten die sieben, von denen nur einer oder auch die eine glorreich sein wird, beantworten, worauf sie gerade stolz seien.
David Gregosz, der als CDU-Kandidat gern das Erbe von Bundestag-Urgestein Manfred Grund antreten möchte, ist stolz auf sein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern und betonte, er sei der einzige in der Runde, der keinen Job suche, sondern die Region vertreten wolle.
Kai Klemm-Lorenz, der junge Lehramtsstudent und Hoffnungsträger der GRÜNEN ist stolz darauf, eine akademische Karriere machen zu können, obwohl er aus einer Nichtakademikerfamilie stamme.
Marcel Hardrath, der Nordhäuser FDP-Kandidat freute sich hier zu sein und über liberale Politik sprechen zu können.
Christopher Drößler, Eichsfelder Polizist und für die AfD unterwegs, ist stolz, sich in zehn Jahren trotz aller Anfeindungen politisch treu geblieben und nicht eingeknickt zu sein.
Die einzige Frau in der Runde, Donata Vogtschmidt von der Partei DIE LINKE, ist stolz auf ihre Erfahrungen als politische Abgeordnete im Landtag und anderswo und ebenfalls stolz ist sie auf die große Eintrittswelle, die gerade in ihrer Partei stattfände.
Robert Henning (Bündnis Sarah Wagenknecht), ehrenamtlicher Ortsteilbürgermeister in Bleicherode ist stolz auf dieses Amt und seine Leute vertreten zu dürfen.
Und Mohamed Sayed von der SPD empfindet Stolz, als Lehrer Kinder auf ihrem Weg ins Leben begleiten zu dürfen.
Auf die Frage, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessert werden könne, verblüfft der GRÜNE-Kandidat mit der Idee, die Energiepreise senken zu wollen. Die anderen nehmen die Bürokratie ins Visier, wollen eine bessere Vernetzung erreichen (Hardrath), die Region besser vermarkten, den Tourismus ankurbeln, die Hochschule aufwerten und unterschiedliche Voraussetzungen im Wahlkreis beseitigen (Drößler, im Zusammenhang mit Krankenhausschließungen und -neubauten). Gregosz fasst seine Intuitionen zusammen in: Anbindung, Ansiedlung, Anwerbung.
Der Modeator konfrontiert die Runde mit der Frage nach Möglichkeiten des Bürokratieabbaus, der dringend geboten sei, da Deutschland durch überbordende Vorschriften und Bestimmungen 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung jährlich verloren gingen.
Die FDP will die Dokumentationspflicht reduzieren und den Arbeitnehmern mehr Flexibilität einräumen.
Die AfD will Kontrollpflichten wie das Lieferkettengesetz sofort abschaffen.
DIE LINKE will flexiblere Arbeitszeiten.
Das BSW will die kommunale Selbstverwaltung stärken und wieder mehr den Bürgern vertrauen.
Die SPD will die Unternehmen steuerlich entlasten.
Die CDU will Gesetze immer wieder auf den Prüfstands stellen und nur das umsetzen, was auch wirklich von der EU verlangt würde sowie Projekte schneller umsetzen.
Die GRÜNEN sind für eine bundeseinheitliche Gestaltung und Praxis-Checks, um herauszufinden, wo Bürokratie abgebaut werden kann.
Wie die hohe steuerliche Belastung eingeschränkt werden könne, wollte die regionale Wirtschaft als nächstes wissen.
Da möchte die AfD die LKW-Maut abschaffen, die neuen Grundsteuerbestimmungen rückgängig machen und den Soli endlich abschaffen.
DIE LINKE - und an dieser Stelle wurde es etwas unruhig im Auditorium - möchte umverteilen, eine Vermögenssteuer einführen und teilweise Enteignungen durchführen.
BSW steht für Abschaffung der CO2-Steuer, will kleine Einkommen entlasten und die Mehrwertsteuersätze verändern.
Von der SPD kommt die Idee der Maut-Abschaffung und einer Mehrwertsteuer-Reform.
Die CDU will unbequeme Wahrheiten bei explodierenden Kosten für Rente, Pflege und Gesundheit ansprechen und findet der Staat haushaltet schlecht.
Die GRÜNEN wollen eine Investitionsprämie von 10 Prozent einführen, Abgaben senken und nicht einfach deckeln und die Private Krankenkassen mit heranziehen.
Die FDP will Freibeträge erhöhen, die Rente umbauen in Fonds und auch die Pflegeversicherung reformieren. Außerdem wollen sie eine einheitliche Unternehmenssteuer von 25 Prozent. Der Bund solle sich zusätzlich endlich aus Unternehmen zurückziehen.
Auch die nächste Frage nach der Beseitigung maroder Infrastruktur wurde von den Kandidaten eins zu eins zu ihren Parteiprogrammen beantwortet. Linksgrün und SPD wollen die Schuldenbremse für Staatsausgaben aufheben und den Mindestlohn erhöhen. CDU, FDP und AfD wollen das aus ähnlich gelagerten Gründen nicht und eher die Ausgaben überprüfen und verändern.
Per Karte wurden die Fragen nach der Notwendigkeit des Lieferkettengesetzes und der Abschaffung der Verbrenermotoren beantwortet (siehe unser Foto), Hier scherten LINKE und GRÜNE aus.
Durch die straffe Zeitvorgabe bei den Antworten von einer Minute konnten viele Aussagen der Kandidaten nicht vertieft werden und es entspannen sich nur wenige kontroverse Diskussionen. Eine interessante lieferten sich die Männer, die für die FDP und die GRÜNEN standen. So war Marcel Hardrath nicht der Meinung, dass neue Schulen gebaut werden müssten, weil wir älter und weniger werden. Dem widersprach Kai Klemm-Lorenz vehement. Die Kontroverse zog sich auch durch die nächste Frage nach der Organisation von ausländischen Fachkräften. Hier waren alle außer dem AfD-Vertreter der Meinung, sie würden gebraucht, aber man solle auch die eigenen Leute schulen und besser ausbilden. Es bedürfe allerdings auch einer Infrastruktur für neue Fachkräfte, den die müssten ja auch irgendwo wohnen, warf wiederum Hardrath in die Diskussion ein. Gregoszs CDU setzt auf Rückkehrerinitiativen für Thüringer in ihre Heimat. Auch Vogtschmidt hielt ausländische Fachkräfte für nötig, zweifelt aber an, ob unser Bildungssystem dem gewachsen sei. Die AfD will die Familie stärken, was sofort zu Widerspruch der anderen führte, weil die Frauen dann als Arbeitskräfte fehlten. CDU-Mann Gregosz machte die starke AfD dafür verantwortlich, dass ausländische Fachkräfte sich fürchteten nach Nordthüringen zu ziehen.
Auch in der Antwortenrunde zu den hohen Energiepreisen bleben die Teilnehmer recht unkonkret und allgemein in ihren Aussagen. Was das Für und Wider des Gipsabbaus im Südharz betrifft, waren sich alle einig, dass Arbeitsplätze gut sind, Naturzerstörung schlecht und dass man die Bevölkerung fragen müsse, ob sie das will. FDP und CDU sehen keine Alternativen zu dieser Abbauform und wollen die Unternehmen unterstützen, der BSW-Politiker schlug einen Mix aus Rekultivierung und Förderung vor.
So gingen neunzig Minuten zu Ende, die noch einmal die Standpunkte der Parteien aufzeigten, ohne allerdings den Protagonisten im Auditorium die Gelegenheit gegeben zu haben, richtig miteinander in den Disput über einzelne Punkte gekommen zu sein. Ob die Veranstaltung den anwesenden Wählerinnen und Wählern in ihrer Entscheidung geholfen hat, wo sie am 23. Februar ihr Kreuz setzen sollen, müssen sie nun für sich entscheiden. Auf jeden Fall haben sie ihren neuen Bundestagsabgeordneten für die Legislaturperiode 2025-2029 gestern Abend gesehen und können vielleicht eine Strategie entwickeln, wie sie mit dem Sieger (oder der Siegerin) nach seiner/ihrer Wahl ins Gespräch kommen können.
Olaf Schulze
Autor: osch
Reichlich dreißig interessierte Zuhörer waren gekommen, dem Schaulaufen der Kandidaten beizuwohnen. Aus regionaler Politik, der Arbeitsagentur, der IHK und der gastgebenden Kreishandwerkerschaft waren Führungskräfte anwesend, aber auch Geschäftsführer großer Unternehmen, Schuldirektoren und eben Handwerker. Moderiert vom Journalisten Eric Marr startete ein munteres Frage-Antwort-Spiel, bei dem die Besucher der Veranstaltung ihren neuen Bundestagsabgeordneten sahen, denn alle sieben waren gekommen. Nur wer am Ende das Buhlen um Wählerstimmen für die Landkreise Eichsfeld, Kyffhäusr und Nordhausen gewinnen wird, steht bis zum nächsten Sonntag weiterhin in den Sternen.
Zuerst sollten die sieben, von denen nur einer oder auch die eine glorreich sein wird, beantworten, worauf sie gerade stolz seien.
David Gregosz, der als CDU-Kandidat gern das Erbe von Bundestag-Urgestein Manfred Grund antreten möchte, ist stolz auf sein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern und betonte, er sei der einzige in der Runde, der keinen Job suche, sondern die Region vertreten wolle.
Kai Klemm-Lorenz, der junge Lehramtsstudent und Hoffnungsträger der GRÜNEN ist stolz darauf, eine akademische Karriere machen zu können, obwohl er aus einer Nichtakademikerfamilie stamme.
Marcel Hardrath, der Nordhäuser FDP-Kandidat freute sich hier zu sein und über liberale Politik sprechen zu können.
Christopher Drößler, Eichsfelder Polizist und für die AfD unterwegs, ist stolz, sich in zehn Jahren trotz aller Anfeindungen politisch treu geblieben und nicht eingeknickt zu sein.
Die einzige Frau in der Runde, Donata Vogtschmidt von der Partei DIE LINKE, ist stolz auf ihre Erfahrungen als politische Abgeordnete im Landtag und anderswo und ebenfalls stolz ist sie auf die große Eintrittswelle, die gerade in ihrer Partei stattfände.
Robert Henning (Bündnis Sarah Wagenknecht), ehrenamtlicher Ortsteilbürgermeister in Bleicherode ist stolz auf dieses Amt und seine Leute vertreten zu dürfen.
Und Mohamed Sayed von der SPD empfindet Stolz, als Lehrer Kinder auf ihrem Weg ins Leben begleiten zu dürfen.
Auf die Frage, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessert werden könne, verblüfft der GRÜNE-Kandidat mit der Idee, die Energiepreise senken zu wollen. Die anderen nehmen die Bürokratie ins Visier, wollen eine bessere Vernetzung erreichen (Hardrath), die Region besser vermarkten, den Tourismus ankurbeln, die Hochschule aufwerten und unterschiedliche Voraussetzungen im Wahlkreis beseitigen (Drößler, im Zusammenhang mit Krankenhausschließungen und -neubauten). Gregosz fasst seine Intuitionen zusammen in: Anbindung, Ansiedlung, Anwerbung.
Der Modeator konfrontiert die Runde mit der Frage nach Möglichkeiten des Bürokratieabbaus, der dringend geboten sei, da Deutschland durch überbordende Vorschriften und Bestimmungen 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung jährlich verloren gingen.
Die FDP will die Dokumentationspflicht reduzieren und den Arbeitnehmern mehr Flexibilität einräumen.
Die AfD will Kontrollpflichten wie das Lieferkettengesetz sofort abschaffen.
DIE LINKE will flexiblere Arbeitszeiten.
Das BSW will die kommunale Selbstverwaltung stärken und wieder mehr den Bürgern vertrauen.
Die SPD will die Unternehmen steuerlich entlasten.
Die CDU will Gesetze immer wieder auf den Prüfstands stellen und nur das umsetzen, was auch wirklich von der EU verlangt würde sowie Projekte schneller umsetzen.
Die GRÜNEN sind für eine bundeseinheitliche Gestaltung und Praxis-Checks, um herauszufinden, wo Bürokratie abgebaut werden kann.
Wie die hohe steuerliche Belastung eingeschränkt werden könne, wollte die regionale Wirtschaft als nächstes wissen.
Da möchte die AfD die LKW-Maut abschaffen, die neuen Grundsteuerbestimmungen rückgängig machen und den Soli endlich abschaffen.
DIE LINKE - und an dieser Stelle wurde es etwas unruhig im Auditorium - möchte umverteilen, eine Vermögenssteuer einführen und teilweise Enteignungen durchführen.
BSW steht für Abschaffung der CO2-Steuer, will kleine Einkommen entlasten und die Mehrwertsteuersätze verändern.
Von der SPD kommt die Idee der Maut-Abschaffung und einer Mehrwertsteuer-Reform.
Die CDU will unbequeme Wahrheiten bei explodierenden Kosten für Rente, Pflege und Gesundheit ansprechen und findet der Staat haushaltet schlecht.
Die GRÜNEN wollen eine Investitionsprämie von 10 Prozent einführen, Abgaben senken und nicht einfach deckeln und die Private Krankenkassen mit heranziehen.
Die FDP will Freibeträge erhöhen, die Rente umbauen in Fonds und auch die Pflegeversicherung reformieren. Außerdem wollen sie eine einheitliche Unternehmenssteuer von 25 Prozent. Der Bund solle sich zusätzlich endlich aus Unternehmen zurückziehen.
Auch die nächste Frage nach der Beseitigung maroder Infrastruktur wurde von den Kandidaten eins zu eins zu ihren Parteiprogrammen beantwortet. Linksgrün und SPD wollen die Schuldenbremse für Staatsausgaben aufheben und den Mindestlohn erhöhen. CDU, FDP und AfD wollen das aus ähnlich gelagerten Gründen nicht und eher die Ausgaben überprüfen und verändern.
Per Karte wurden die Fragen nach der Notwendigkeit des Lieferkettengesetzes und der Abschaffung der Verbrenermotoren beantwortet (siehe unser Foto), Hier scherten LINKE und GRÜNE aus.
Durch die straffe Zeitvorgabe bei den Antworten von einer Minute konnten viele Aussagen der Kandidaten nicht vertieft werden und es entspannen sich nur wenige kontroverse Diskussionen. Eine interessante lieferten sich die Männer, die für die FDP und die GRÜNEN standen. So war Marcel Hardrath nicht der Meinung, dass neue Schulen gebaut werden müssten, weil wir älter und weniger werden. Dem widersprach Kai Klemm-Lorenz vehement. Die Kontroverse zog sich auch durch die nächste Frage nach der Organisation von ausländischen Fachkräften. Hier waren alle außer dem AfD-Vertreter der Meinung, sie würden gebraucht, aber man solle auch die eigenen Leute schulen und besser ausbilden. Es bedürfe allerdings auch einer Infrastruktur für neue Fachkräfte, den die müssten ja auch irgendwo wohnen, warf wiederum Hardrath in die Diskussion ein. Gregoszs CDU setzt auf Rückkehrerinitiativen für Thüringer in ihre Heimat. Auch Vogtschmidt hielt ausländische Fachkräfte für nötig, zweifelt aber an, ob unser Bildungssystem dem gewachsen sei. Die AfD will die Familie stärken, was sofort zu Widerspruch der anderen führte, weil die Frauen dann als Arbeitskräfte fehlten. CDU-Mann Gregosz machte die starke AfD dafür verantwortlich, dass ausländische Fachkräfte sich fürchteten nach Nordthüringen zu ziehen.
Auch in der Antwortenrunde zu den hohen Energiepreisen bleben die Teilnehmer recht unkonkret und allgemein in ihren Aussagen. Was das Für und Wider des Gipsabbaus im Südharz betrifft, waren sich alle einig, dass Arbeitsplätze gut sind, Naturzerstörung schlecht und dass man die Bevölkerung fragen müsse, ob sie das will. FDP und CDU sehen keine Alternativen zu dieser Abbauform und wollen die Unternehmen unterstützen, der BSW-Politiker schlug einen Mix aus Rekultivierung und Förderung vor.
So gingen neunzig Minuten zu Ende, die noch einmal die Standpunkte der Parteien aufzeigten, ohne allerdings den Protagonisten im Auditorium die Gelegenheit gegeben zu haben, richtig miteinander in den Disput über einzelne Punkte gekommen zu sein. Ob die Veranstaltung den anwesenden Wählerinnen und Wählern in ihrer Entscheidung geholfen hat, wo sie am 23. Februar ihr Kreuz setzen sollen, müssen sie nun für sich entscheiden. Auf jeden Fall haben sie ihren neuen Bundestagsabgeordneten für die Legislaturperiode 2025-2029 gestern Abend gesehen und können vielleicht eine Strategie entwickeln, wie sie mit dem Sieger (oder der Siegerin) nach seiner/ihrer Wahl ins Gespräch kommen können.
Olaf Schulze