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Fr, 07:28 Uhr
27.05.2016
Lebenshilfe Leinefelde-Worbis

Hemmschwellen im Alltag nehmen

Was für Menschen ohne Behinderung alltäglich ist, wo man gar nicht mehr darüber nachdenkt, das kann für Menschen mit Behinderungen schon eine große Hürde sein. Wie begegnen wir behinderten Menschen im Alltag? Dieser Frage ging Gisela Reinhardt mit einer Gruppe der Lebenshilfe Leinefelde-Worbis einmal nach....

Bei den Friseur-Azubis in Nordhausen (Foto: Gisela Reinhardt) Bei den Friseur-Azubis in Nordhausen (Foto: Gisela Reinhardt)


Behinderte Menschen begegnen uns im Alltag - im Kaufhaus, in der Bahn, beim Arzt, beim Friseur, im Lokal, kurz: In allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. Das ist normal, denn die Bedürfnisse von Menschen mit geistiger Behinderung sind die gleichen, wie bei den sogenannten normalen Menschen. Dennoch trifft man häufig auf Schwierigkeiten, wenn sie als Kunden in Erscheinung treten.

Es gibt noch viel zu viele Hemmschwellen und Unsicherheiten, die eine Kontaktaufnahme erschweren. Kundinnen und Kunden mit kognitiven Beeinträchtigungen wirken in manchen Fällen in Auftreten und Sprache auch im Erwachsenenalter kindlich, so dass man geneigt ist, sie zu duzen. Preisauszeichnungen, Schriftzüge und Beschilderungen sind für sie oft nur eingeschränkt nutzbar. Hier spielt die persönliche Unterstützung eine große Rolle.

Im SBZ Nordhausen (Foto: Gisela Reinhardt) Im SBZ Nordhausen (Foto: Gisela Reinhardt)


Eine Herausforderung für Servicepersonal ist außerdem, dass diese Menschen als Kunde mehr Zeit benötigen. Auch das Bezahlen im hektischen Umfeld einer Supermarktkasse ist nicht nur für Menschen mit Behinderung eine besondere Stresssituation. Sehr oft verlassen sie sich auf das ehrliche und gut gemeinte Urteil des Dienstleisters. Diese Erfahrung konnten die Auszubildenden im Friseurhandwerk des SBZ Nordhausen am Fronleichnamstag live machen.

Die Berufsschule unterstützt die Initiative der Lebenshilfe Leinefelde-Worbis, den geistig behinderten Menschen als Kunden akzeptierter wahrzunehmen. Auf Einladung der Schulleitung trafen sich eine Gruppe behinderter Menschen mit den Auszubildenden der Abschlussklasse der Friseure im Friseur-Kabinett der Berufsschule.

Einem freundlichen Kennenlerngespräch folgte eine individuelle Typberatung. Dann wurde Hand angelegt. Es wurde gewaschen, gekämmt, geföhnt und gesprüht, bis die Gäste in neuem Glanz erstrahlten. Schnell stellten die angehenden Friseure fest, dass ein geistig behinderter Mensch ein Kunde mit besonderen Herausforderungen ist, der nicht immer weiß, was er will und sich darauf verlässt, dass der Friseur es mit ihm gut meint und mit seinen Fachkenntnissen weiß, welche Frisur zu ihm passt. Im realen Leben ist das nicht immer so.

Da bekommen Damen schnell mal einen Herrenkurzschnitt-und fertig! Wenn ihnen dann noch gesagt wird: „Du siehst aber hübsch aus“, freuen sie sich und zahlen sogar ein kleines Trinkgeld. Im Straßenbild fallen sie dann nicht nur durch die Besonderheiten ihrer Behinderung auf. Manche behinderte Menschen berichten davon, dass sie sich nicht trauen, etwas zu sagen und haben Hemmungen.

Das sind Gründe dafür, dass die Lebenshilfe Leinefelde-Worbis eine Aktion zur Verbesserung der Akzeptanz dieser Menschen als Kunde gestartet hat. Mit dieser Initiative steht sie nicht allein. Schulamtsleiter Dr. Bernd-Uwe Althaus und Sebastian Senft, stellvertretender Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Nordthüringen unterstützen das Vorhaben.

Beide haben in den letzten Wochen einen Difference Day in den Einrichtungen der Lebenshilfe in Leinefelde absolviert und Erfahrungen im gemeinsamen Miteinander mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen gemacht. In verschiedenen Arbeitsgruppen haben sie mitgearbeitet und konnten sich ein Bild über die Leistungsfähigkeit und das anspruchsvolle Aufgabenspektrum der Beschäftigten in der Behindertenwerkstatt machen. Sie sind sich darüber einig, dass es nur das Unbekannte im Umgang ist, das für Ressentiments gegenüber Menschen mit Behinderung sorgt. Wenn man Gelegenheit hat, diese Menschen kennenzulernen und in ihrer Offenheit, Unbedarftheit und Freundlichkeit zu erleben, stellt man schnell fest, dass es keinen Grund für Hemmschwellen gibt.

Zielstellung sollte sein, dass man künftig allen Auszubildenden im Servicebereich im Rahmen ihrer Ausbildung persönlichen Kontakt zu den Menschen mit besonderen Herausforderungen als Kunde ermöglichen sollte. Das trägt nicht nur zur Integration bei, sondern hilft, die Akzeptanz von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft zu verbessern.
Gisela Reinhardt
Autor: en

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